„Türkei erlaubt Sex mit Kindern“ - Was steckt hinter dieser Meldung?

Ein Urteil des türkischen Verfassungsgerichts findet mit einmonatiger Verspätung seinen Niederschlag im deutschsprachigen Internet. Mitte Juli wurde ein Urteil des Verfassungsgerichtes veröffentlicht, in dem es einen Paragraphen annulliert hatte, nun hyperventilieren deswegen einige Blogs und Nachrichtenportale.

„Türkei erlaubt Sex mit Kindern“ titeln viele Internetseiten, manche garnieren ihre Artikel mit Bildern von kleinen Mädchen, die augenscheinlich noch nicht einmal ein zweistelliges Alter erreicht haben.[1][2][3][4][5][6]

Die erhobenen Vorwürfe sind so unglaublich und die sie verbreitenden Newsseiten nicht die seriösesten, so dass sich Viele einen Artikel in einem vertrauenswürdigen Medium wünschen. Tatsächlich nahm sich Mimikama endlich dieses Themas an und veröffentlichte gestern einen Artikel hierzu.[7]

Die Initiative, die hinter Mimikama steht, macht normalerweise einen großartigen Job, indem sie Falschmeldungen aufdeckt, im vorliegenden Fall liegt sie allerdings leider ziemlich daneben. Dies wird deutlich, wenn man sich das Urteil des Verfassungsgerichtes im Detail anschaut.

Das Urteil umfasst insgesamt sieben Seiten.[8] Auf den ersten vier Seiten steht das Urteil des Verfassungsgerichtes und die Urteilsbegründung, daran schließen sich drei Seiten an, in denen einige der Richter, die gegen das Urteil gestimmt haben, ihre Position begründen. Die Absätze auf den Seiten 2 bis 4 sind durchgängig von 1 bis 30 nummeriert; auf diese Nummerierung wird im Folgenden Bezug genommen.

Worum geht’s in diesem Fall?

Ein Strafgericht aus der Stadt Bafra hatte sich an das Verfassungsgericht gewandt und die Annullierung großer Teile des Paragraphen 103 des türkischen Strafgesetzbuches beantragt, da sie nach Meinung des Gerichtes gegen die Verfassung verstoßen würden. Paragraph 103 regelt die Sanktionierung des sexuellen Missbrauchs von Kindern; das vorgesehene Strafmaß reicht von acht bis 15 Jahren Gefängsnishaft. Sexueller Missbrauch wird in diesem Paragraphen definiert als jegliche sexuelle Handlung an Personen, die das 15. Lebensjahr nicht vollendet haben, auch wenn diese einvernehmlich vorgenommen werden. Der Paragraph unterscheidet nicht zwischen minder- und volljährigen Tätern.

Die Begründung des Antragstellers

Die Begründung des Strafgerichtes aus Bafra findet sich auf Seite 2 in Absatz 9. Das Strafgericht bemängelt, dass im Gesetz keine Staffelung des Strafmaßes in Abhängigkeit vom Alter des geschädigten Kindes vorgesehen ist, so dass der sexuelle Missbrauch eines vierzehnjährigen Kindes genauso geahndet wird wie der eines vierjährigen.

Des Weiteren ist das Strafgericht der Ansicht, dass die Einwilligung derjenigen Kinder im Alter zwischen 12 und 15 Jahren, die die Folgen ihrer Einwilligung zu sexuellen Handlungen abschätzen können, nicht strafmildernd berücksichtigt wird und dass das Strafmaß zu hoch ist.

Das heißt, das Strafgericht, das sich an das Verfassungsgericht gewandt hat, vertritt entgegen den Meldungen in der Presse überhaupt nicht die Meinung, dass alle Kinder zwischen 12 und 15 Jahren die geistige Reife haben, um die Folgen ihrer Einwilligung zum Geschlechtsverkehr abwägen zu können, sondern es unterscheidet zwischen denen, die diese Reife haben, und denen, denen es daran mangelt, was im Falle eines Prozesses durch einen Gutachter ermittelt werden müsste. Und nur das Einverständnis derjenigen Kinder zwischen 12 und 15, die diese geistige Reife haben, solle strafmildernd berücksichtigt werden.

Das Urteil und die Begründung des Verfassungsgerichtes

Das Verfassungsgericht gab dem Antrag des Strafgerichtes teilweise statt und annullierte einige Teile des Paragraphen 103. Das Verfassungsgericht begründet seine Entscheidung auf Seite 3 in den Absätzen 17 und 18. In Absatz 17 nimmt das Verfassungsgericht Bezug auf eine frühere Entscheidung, die auf der gleichen Seite in Absatz 16 zusammengefasst ist.

In dieser früheren Entscheidung aus dem Jahr 2015 hatte das Gericht bereits einen Teil des Paragraphen 103 annulliert. In diesem annullierten Teil sah das Gesetz für den Fall, dass während des sexuellen Missbrauchs eines Kindes ein Objekt in seinen Körper eingeführt wird, ein Mindeststrafmaß von 16 Jahren vor. Das Verfassungsgericht bemängelte damals, dass das Gesetz den Gerichten keinen Ermessensspielraum einräumt, dass keine alternativen Maßnahmen zur Haftstrafe vorgesehen sind, dass das Alter sowohl der Opfer als auch der Täter nicht berücksichtigt wird, dass das Mindeststrafmaß unverhältnismäßig hoch ist und dass eine Eheschließung der Beteiligten nach Erreichen des Ehefähigkeitsalters der Geschädigten bei der Urteilsfindung nicht berücksichtigt wird.

In der Urteilsbegründung in Absatz 17 weist das Verfassungsgericht nun darauf hin, dass die Begründung des Urteils aus dem Jahr 2015 auch für den aktuellen Fall gilt. Darüberhinaus führt das Verfassungsgericht nun als zusätzliches Argument an, dass der Paragraph 103 in seiner jetzigen Fassung gegen die in Artikel 41 der Verfassung formulierte Pflicht des Staates, Kinder zu schützen, verstoßen würde, da diese Pflicht des Staates sich auch auf straffällig gewordene Kinder erstreckt. Das Gesetz würde nicht den Umständen des Einzelfalls gerecht, so dass die Verhältnismäßigkeit zwischen Straftat und Strafmaß nicht mehr gegeben ist. Dies würde dem in Artikel 2 der Verfassung festgeschriebenen Rechtsstaatsprinzip widersprechen. Die vom Antragsteller, dem Strafgericht, vorgetragene Begründung, dass die Einwilligung von Kindern im Alter von 12 bis 15 Jahren strafmildernd zu berücksichtigen sei, greift das Verfassungsgericht nicht explizit auf und es äußert sich auch sonst nicht zu Altersgrenzen.

In Absatz 30 auf Seite 4 führt das Verfassungsgericht aus, dass das Urteil nicht sofort in Kraft tritt, sondern erst in sechs Monaten. Dadurch soll vermieden werden, dass ein rechtsfreier Raum entsteht, in dem sexueller Missbrauch von Kindern straffrei bleibt. Auf diese Weise wird dem Gesetzgeber  genügend Zeit eingeräumt, ein neues Gesetz zu verabschieden, das den Anforderungen des Verfassungsgerichtes gerecht wird.

Das ist also der Kern des Urteils des Verfassungsgerichtes: Das Gesetz wird annulliert, weil es in seiner jetzigen Form nicht genügend differenziert, sondern zu pauschal formuliert ist, was eine Unverhältnismäßigkeit bei der Verhängung des Strafmaßes zur Folge hat.

Gesetzliche Rahmenbedingungen für den Schutz Minderjähriger

Dass das Urteil des Gerichtes keine Legalisierung des Geschlechtsverkehrs mit Kindern ist, wird auch klar, wenn man sich die sonstigen gesetzlichen Rahmenbedingungen anschaut. So hat die Türkei eine der höchsten gesetzlichen Schutzaltersgrenzen in Europa, sie liegt bei 18 Jahren.[9]


Das derzeit geltende Schutzalter in europäischen Ländern.[9]



In Paragraph 104 des türkischen Strafgesetzbuches ist die Bestrafung von sexuellem Missbrauch von Jugendlichen geregelt. Demnach wird der Geschlechtsverkehr mit Jugendlichen im Alter zwischen 15 und 18 auf Antrag der Geschädigten geahndet. Falls jedoch der Altersunterschied zwischen den Beteiligten größer als fünf Jahre ist, ermittelt die Staatsanwaltschaft nicht erst auf Antrag, sondern von Amts wegen, außerdem wird das Strafmaß verdoppelt.

Wenn wir nun rein hypothetisch davon ausgehen, dass die Meldungen in der Presse stimmen, dass die Annullierung des Paragraphen 103 den Geschlechtsverkehr mit Kindern legalisiert hätte, hätte dies den skurrilen Fall zur Folge, dass ein 60-Jähriger wegen des Geschlechtsverkehrs mit einer 17-Jährigen gemäß Paragraph 104 belangt werden könnte, da der Altersunterschied zwischen beiden größer als fünf Jahre ist, er aber mit dem Geschlechtsverkehr mit einer 12-Jährigen ungestraft davonkäme. Dass das nicht stimmen kann und auch nicht im Sinne des Verfassungsgerichtes ist, sollte jedem einleuchten.

Die gesetzlichen Bestimmungen der Türkei bzgl. des Schutzes Minderjähriger kann man also abschließend folgendermaßen zusammenfassen:

  • In der Türkei beträgt das Schutzalter 18 Jahre 

  • Paragraph 104 betrifft den sexuellen Missbrauch von Jugendlichen (15 bis 18 Jahre).
  • Die Strafverfolgung erfolgt auf Antrag der Geschädigten.
  • Bei einem Altersunterschied von mindestens fünf Jahren ermittelt die Staatsanwaltschaft von Amts wegen; außerdem hat dies eine Verdoppelung des Strafmaßes zur Folge.
  • Paragraph 103 betrifft den sexuellen Missbrauch von Kindern (bis 15 Jahre).
  • Die bisherige Regelung sah eine Haftstrafe von acht bis 15 Jahren vor.
  • Das Verfassungsgericht hat diesen Paragraphen annulliert, weil es nicht ausreichend differenziert.
  • Die Annullierung tritt sechs Monate nach Urteilsverkündung in Kraft.
  • Der Gesetzgeber hat in diesem Zeitraum die Möglichkeit, das Gesetz neu zu formulieren.
  • Bis dahin ist die bisherige Regelung gültig.
  • Geschlechtsverkehr mit Kindern wird durch dieses Urteil nicht legalisiert.
  • Im Urteil des Verfassungsgerichtes taucht weder die in den Artikeln genannte Altersgrenze von 12 Jahren, noch irgendeine andere Altersgrenze auf.

Anmerkung vom 20.08.2016: Einige Formulierungen in einer früheren Version dieses Artikels hätten den Anschein erwecken können, dass ich Mimikama unterstelle, bewusst eine Falschmeldung lanciert zu haben. Falls dieser Eindruck entstanden sein sollte, möchte ich das hiermit richtigstellen.

In der Zwischenzeit habe ich mich mit Ralf vom Mimikama-Team, dem Autor des dort veröffentlichten Artikels, bzgl. dieses Sachverhaltes ausgetauscht. Er hat den Artikel, der aus Transparenzgründen nicht gelöscht wurde, nun um Informationen ergänzt, die das Urteil des Verfassungsgerichtes ins rechte Licht rücken.

Vielen Dank dafür an Ralf und an das Mimikama-Team!



Quellen:









Kommentare

  1. Ihre Ausführungen stehen im Widerspruch zur Tatsache, dass es weiterhin Imam-Ehen gibt, welche auf dem Einverständnis der Eltern beruhen. Wie soll nun eine "Geschädigte" im Alter von 15 oder 16 Jahren geschützt werden. Thema ist der Jugendschutz und dazu gibt es nun eine Aufweichung. 12-15-Jährige Betroffene, welche im "Einverständnis" handeln (wer belegt das?) sind eher leichtere Fälle. Es gilt meiner Meinung, die bisher gültige (und weitgehend NICHT funktionierende Praxis), aber auch den Einspruch des Verfassungsgerichtes mit der Realität abzugleichen.

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    1. Den Widerspruch vermag ich nicht zu erkennen. In meinen Ausführungen gehe ich detailliert auf das Urteil des Verfassungsgerichtes ein und zeige auf, dass die Berichterstattung über dieses Urteil („Türkei erlaubt Sex mit Kindern!“) nicht stimmt.

      Dass es darüber hinaus das Problem der „Imam-Ehen“ Minderjähriger gibt, ist eine Tatsache, die ich nicht bestreite. Laut UNICEF-Angaben* sind 15% der Mädchen in der Türkei vor Ihrem 18. Geburtstag verheiratet, 1% der Mädchen sogar vor ihrem 15. Geburtstag. Wenn man bedenkt, dass das Ehefähigkeitsalter in der Türkei 18 Jahre beträgt, diese mit Zustimmung der Eltern auf 17 Jahre und per Gerichtsbeschluss auf 16 Jahre abgesenkt werden kann, so sind alle dieser vor dem 15. Geburtstag geschlossenen „Imam-Ehen“ illegal. Auch ein gewisser Anteil der formal betrachtet legalen Ehen Unter-18-Jähriger dürfte unter Zwang zustande gekommen sein. Der Staat muss weitere Maßnahmen ergreifen, um Zwangsverheiratungen zu verhindern, das ist aber nicht das Thema dieses Artikels.

      Anmerken möchte ich noch, dass die häufig genannte 12-Jahres-Altersgrenze in der Urteilsbegründung des Verfassungsgerichtes NICHT auftaucht. Der Antragsteller, das Strafgericht aus Bafra, vertritt in der ANTRAGSbegründung die Meinung, dass das Einverständnis derjenigen Kinder zwischen 12 und 15 Jahren, die die geistige Reife haben, um die Folgen ihrer Einwilligung zum Geschlechtsverkehr abwägen zu können, strafmildernd berücksichtigt werden sollte.

      In der URTEILSbegründung des Verfassungsgerichtes heißt es hingegen lediglich, dass der annullierte Paragraph nicht zwischen Alterskategorien unterscheidet, was das Alter der Geschädigten betrifft. Konkrete Altersgrenzen gehen aus dem Urteil nicht hervor.

      Aus der Tatsache, dass das Verfassungsgericht dem Antrag des Strafgerichts in manchen Punkten stattgibt, kann man nicht zwangsläufig schlussfolgern, dass sie auch der gesamten Argumentation des Antragstellers folgt.

      Welche Altersgrenzen letztendlich ins neu zu formulierende Gesetz aufgenommen werden, wird man spätestens dann sehen, wenn der Gesetzgeber es verabschiedet. Allzu lange kann das nicht mehr dauern, spätestens bis Januar 2017 muss das Parlament das neue Gesetz verabschiedet haben.

      * http://data.unicef.org/child-protection/child-marriage.html

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  2. Danke für Ihre ausführliche Analyse.
    Seltsam ist meiner Meinung jedoch warum gerade kurz vor dem Putsch(Versuch) (angeblich sogar am Tag vor der Putsch-(Versuchs)nacht) der Artikel 103 aufgehoben wurde. Zufall? Oder wollte man einen Aufruhr vermeiden?

    Seltsam auch das der Artikel aufgehoben wurde ohne das klar ist ob ein neuer beschlossen werden soll. Falls also kein neues Gesetz beschlossen werde sollte, gilt in der Türkei ab Jänner 2017 kein Schutzalter mehr, wenn ich das richtig sehe.
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  3. Die zeitliche Nähe des Veröffentlichungsdatums dieses Urteils mit dem Putschversuch ist meiner Meinung nach ein Zufall. Das Verfassungsgericht hat diesen Paragraphen am 26.05.2016 annulliert, am 13.07.2016 wurde das Urteil im Amtsblatt der Türkei veröffentlicht. Die ersten Berichte in der türkischen Presse erschienen noch am 13.07., so dass bis zum Putschversuch in der Nacht des 15.07. 2½ Tage lang Zeit war, darüber zu berichten, was auch intensiv getan wurde.

    Die Öffentlichkeit war also über dieses Urteil zur Genüge informiert. Dass es trotzdem keinen Aufruhr in der Bevölkerung gab, liegt daran, dass der Sachverhalt eben nicht so ist, wie Teile der deutschsprachigen Presse es dargestellt haben, sondern dass es sich mit diesem Urteil so verhält, wie im obigen Artikel beschrieben.

    Zu Ihrer zweiten Frage: Das Urteil des Verfassungsgerichtes tritt sechs Monate nach dem Veröffentlichungsdatum in Kraft, d.h. falls er nicht vorher geändert wird, ist der Paragraph bis zum 13.01.2017 in seiner jetzigen Form gültig. Nach diesem Stichtag würde es ein „partielles Schutzalter“ geben, da der annullierte Paragraph 103 dann wegfallen würde, der Paragraph 104, der die Sanktionierung des sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen im Alter von 15 bis 18 Jahren regelt, jedoch weiterhin Bestand hat.

    Wie am Beispiel am Ende des Artikels beschrieben, würde dies rein hypothetisch bedeuten, dass ein 60-Jähriger wegen des Geschlechtsverkehrs mit einer 17-Jährigen gemäß Paragraph 104 belangt werden könnte, er aber mit dem Geschlechtsverkehr mit einer 12-Jährigen ungestraft davonkäme.

    Es ist allerdings höchst unwahrscheinlich, dass das Parlament diesen Paragraphen nicht vor diesem Stichtag ändert. Bei dieser Diskussion wird nämlich folgendes übersehen:

    Im Zuge einer Strafrechtsreform wurde das aktuell gültige Strafgesetzbuch 2004 vom Parlament verabschiedet. 2014 wurde der jetzt annullierte Paragraph 103 zuletzt geändert. Die AKP bildet seit 2002 die Regierung, d.h. sie zeichnet für diese Änderungen verantwortlich, auch der jetzt gekippte Paragraph stammt aus ihrer Feder. Diesen Paragraphen ersatzlos wegfallen zu lassen, würde eine Abkehr ihrer bisherigen Position bedeuten. Dafür gibt es keine Anzeichen.

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  4. OK...Mir wird jetzt einiges klarer.
    Sehr schade das etliche Medien wegen dieser Gesetzesänderung gegen die Türkei hetzen.
    Meiner Meinung nach war es auch längst überfällig das das drakonische und unausgewogene Gesetz geändert wird. Ich denke da an den Fall vor einige Jahren wo ein deutscher Jugendlicher in ein türkisches Gefängnis kam, weil er einvernehmlichen Sex mit einer 13 Jährigen hatte. Damals hats einen Riesigen Aufschrei in Deutschland gegeben.

    So ein Fall wäre mit dem neuen Gesetz dann wohl nicht mehr möglich, was ja gut ist.

    Aber den Leuten kann manns eh nie recht machen.....

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  5. Ergänzende Info zur Frage, ob und wann das Parlament eine Neufassung dieses Paragraphen beschließen wird:

    Der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu wies einen Tweet der schwedischen Außenministerin vom 14.08.2016, in dem sie dieses Urteil des Verfassungsgerichtes kritisierte, zurück und sagte in diesem Zusammenhang, dass das Parlament bis Dezember ein neues Gesetz verabschieden wird, das den annullierten Paragraphen ersetzen wird.

    Es wird also nicht dazu kommen, dass nach dem Stichtag 13.01.2017 ein rechtsfreier Raum entstehen wird, in dem Kinderschänder straffrei davonkommen werden.

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  6. Angeblich sollen die Gesetze jetzt sogar noch über Alle Massen sinnlos verschärft werden und Sex mit und zwischen Jugendlichen noch mehr kriminalisieren. Mindestrafe 8 Jahre, für zb. Sex zwischen zwei 17 Jährigen.

    http://de.sputniknews.com/panorama/20160819/312197860/Trkei-hoehere-freiheitsstrafen-bei-sexualdelikten-an-kindern.html

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  7. Der Sputnik-Artikel beruft sich auf Hürriyet Daily News und gibt den Anfang des dortigen Artikels wieder, ohne auf die von 1 bis 8 durchnummerierten Kapitel einzugehen. Im Hürriyet-Artikel finden sich jedoch in Kapitel 6 (“6. What will the criteria for the new regulation be based on?”) zusätzliche Informationen zu der Frage, wie die Neufassung des annullierten Paragraphen aussehen wird.

    So schreibt Hürriyet, dass im neuen Gesetzestext Regularien beschlossen werden für die Fälle, dass der Tatverdächtige nicht älter als das Opfer ist, dass der Geschlechtsverkehr einvernehmlich ist und für andere Kriterien. Auch soll das Alter des Opfers und des Beschuldigten in die Bemessung des Strafmaßes einfließen. Wie diese Regularien im Detail aussehen werden, wissen wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht. Wir können dazu momentan nur soviel sagen, dass sie den in der Urteilsbegründung des Verfassungsgerichtes monierten Punkten gerecht werden müssen.

    Zur Erinnerung: Das Verfassungsgericht begründete sein Urteil damit, dass

    1. das Alter sowohl der Opfer als auch der Täter nicht berücksichtigt wird,

    2. das Mindeststrafmaß unverhältnismäßig hoch ist,

    3. das Gesetz den Gerichten keinen Ermessensspielraum einräumt,

    4. keine alternativen Maßnahmen zur Haftstrafe vorgesehen sind,

    5. der Paragraph 103 in seiner jetzigen Fassung gegen die in Artikel 41 der Verfassung formulierte Pflicht des Staates, Kinder zu schützen, verstößt, da diese Pflicht des Staates sich auch auf straffällig gewordene Kinder erstreckt,

    6. das Gesetz nicht den Umständen des Einzelfalls gerecht wird, so dass die Verhältnismäßigkeit zwischen Straftat und Strafmaß nicht mehr gegeben ist; dies widerspricht dem in Artikel 2 der Verfassung festgeschriebenen Rechtsstaatsprinzip.


    Die momentan vorliegenden Informationen bzgl. der Neufassung des Paragraphen reichen noch nicht aus, sich ein erstes Urteil zu bilden. Dafür sollte man zumindest den ersten Gesetzesentwurf abwarten. Die Sommerpause des türkischen Parlaments endet im Oktober, erst ab diesem Zeitpunkt werden wahrscheinlich konkretere Eckpunkte des neuen Gesetzes feststehen.

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  8. Hallo!


    Ich verfolge Ihre interessanten und fundierten Ausführungen zum Thema Schutzalter in der Türkei mit grossem Interesse. Mit 17. Jänner müsste jetzt eigentlich die Aufhebung des Alten Gesetzes in Kraft sein, und meines Wissens wurde kein neues Gesetz beschlossen. Was ist Ihr Wissenstand darüber?


    Vielen Dank



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    1. Anfang Dezember trat ein neues Gesetz in Kraft, das den annullierten Paragraphen ersetzt. Wenn ich die Zeit finde, werde ich detailliert auf die neue gesetzliche Lage zum Themenkomplex "sexueller Missbrauch und Schutzalter in der Türkei" eingehen. Bis dahin verweise ich auf folgenden Artikel:

      http://www.hurriyetdailynews.com/erdogan-approves-bill-introducing-tougher-sentences-for-sex-abuse-of-children.aspx?PageID=238&NID=106836&NewsCatID=338

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